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Stadt Puchheim bangt um 2 Millionen Euro

Die Stadt Puchheim hat im Mai 2020 bei der Greensill-Bank einen Betrag in Höhe von 2 Mio. €, der mittelfristig als Liquidität zur Verfügung stand und für den bei den Hausbanken der Stadt „Strafzinsen“ fällig geworden wären, zunächst bis Ende Dezember angelegt. Da die Summe nach Auslaufen des Anlagezeitraums im Rahmen der Liquiditätsplanung erst für die Zahlung der Kreisumlage im Herbst 2021 benötigt werden würde, wurde die Anlage nochmals bis Ende September 2021 verlängert.

Am 03. März verhängte die BAFIN ein Moratorium über die Bremer Greensill-Bank, gleichzeitig erstattete die BAFIN Anzeige gegen das Geldinstitut wegen Verdacht der Bilanzmanipulation. Damit sind die Einlagen bei dieser Bank eingefroren, die Bank darf weder zusätzliche Einlagen annehmen, noch Gelder auszahlen.

Die Geldanlage wurde zwar von der Stadt sofort gekündigt, nachdem die Schwierigkeiten der Bank bekannt wurden, die Einlage der Stadt fällt jedoch unter Moratorium und damit in die wahrscheinliche Konkursmasse. Im Falle einer Insolvenz der Greensill Bank droht nun der Totalverlust unserer Einlage.

Wie konnte es dazu kommen?

Nachdem der Finanzausschuss im Oktober 2018 eine städtische Anlagerichtlinie beschlossen hat, wird der Stadtrat an den Entscheidungen, wie und bei wem das städtische Geld angelegt wird, nicht mehr eingebunden. Die Anlagerichtlinie umfasst zusammengefasst folgende Regelungen:

Aus der in der Anlagerichtlinie genannten Maxime, dass nur in sichere Geldanlagen investiert werden darf, ergibt sich eine hohe Verantwortung für die Verwaltung, zukünftige Anlagepartner bzw. Schuldner sehr genau zu beleuchten und zu bewerten. Das dies aufgrund fehlender Ressourcen und eingeschränkter Erfahrung nur bedingt möglich ist, befreit nicht von dieser Verantwortung, sondern lässt einzig und allein den Schluss zu, Anlagen nicht zu tätigen, wenn entweder das Produkt bzw. das Risiko unklar sind und/oder der Schuldner nicht ausreichend bewertet werden kann.

Die Greensill-Bank gehört zu Greensill-Capital einer australisch-britischen Finanzholding. Das Geschäftsmodell der Holding, deren deutsche Tochter die Greensill-Bank ist, basiert auf dem „Ankauf“ von Forderungen gegen Bargeld, welche dann in Fonds gebündelt und am Kapitalmarkt veräußert werden. Greensill hat zwar die Forderungen gegen Ausfall versichert, die Einschätzung des Ausfallrisikos oblag ihr dabei jedoch selbst. Ein möglichst breites Portfolio von Forderungen über viele Branchen, Regionen und Schuldner hinweg gewährleistet eine möglichst breite Streuung des Ausfallrisikos einzelner Forderungen. Bei Greensill Capital kam es jedoch zu einer massiver Klumpenbildung der Risiken durch den massiven Ankauf von Forderungen eines einzigen Unternehmens, der indischen Gupta-Gruppe. Dieses Unternehmen war erst kürzlich an der Übernahme des deutschen Thyssen-Krupp gescheitert. Erste Partner haben bereits 2018 die Zusammenarbeit mit Greensill aufgekündigt und Fonds abgewickelt. Erste Untersuchungen der BAFIN kamen noch 2020 zu dem Ergebnis, dass durchaus Risiken bestanden, jedoch kein betrügerisches Verhalten vorlag. Diese Aussage hätte aufhorchen lassen können. Schließlich seit 03. März unterliegt die deutsche Greensill-Bank nun dem Moratorium der BAFIN, mittlerweile wurde von Seiten der BAFIN Strafanzeige gegen die Greensill-Bank wegen Bilanzmanipulationen gestellt.

Diese Informationen waren, genauso wie ein entsprechendes Rating der Greensill-Bank, jederzeit öffentlich verfügbar. Das Rating gibt in sehr verkürzter Form eine Bewertung eines Schuldners bzw. eines Geldinstitutes wieder. Festzustellen ist, dass das Rating zum Zeitpunkt der ersten Anlage im Mai 2020 mit A- noch ausreichend gut war. Bereits vor dem Zeitpunkt der Wiederanlage des Geldes sank dieses, sicherlich auch bedingt durch die Ermittlungen der BAFIN im Sommer 2020, auf das Niveau BBB+, womit die erneute Geldanlage bei der Greensill-Bank eigentlich auszuschließen gewesen wäre.

Darüber hinaus schreibt die Anlagerichtlinie unserer Stadt bei jeder Geldanlage die Beteiligung und Zustimmung des Kämmerers und des Bürgermeisters vor. Da keine gesonderten Regelungen für die Verlängerung von Anlagezeiträumen bzw. die Wiederanlage im gleichen Produkt getroffen werden, gilt dies auch für diesen Fall. Der vorliegende Fall zeigt jedoch, dass es scheinbar dennoch möglich ist, derartige Entscheidungen auch ohne Mitwirkung und Wissen des Bürgermeisters zu tätigen. Hier stellt sich die Frage eines möglichen persönlichen Fehlverhaltens bzw. fehlender Dienstaufsicht, dem die Stadtverwaltung nun zunächst intern nachgeht.

Grundsätzlich sind Sparguthaben bei Banken, wie auch der Greensill Bank, durch die deutsche gesetzliche Einlagensicherung und zusätzliche freiwillige Sicherungsfonds der privaten Deutschen Banken abgesichert. Diese Absicherung reicht pro Kunde bis in Millionenhöhe. Allerdings sind Kommunen, wie Städte und Gemeinden seit 2017 von der Einlagensicherung der Banken ausgenommen. Damit wäre aus meiner Interpretation unserer Anlagerichtlinie eine Geldanlage der Stadt Puchheim außerhalb der Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken, die über ein eigenes, solidarisches Einlagensicherungssystem verfügen, überhaupt nicht möglich. Eine Geldanlage, so heißt es in der Anlagerichtlinie, ist nur bis zur Höhe der Einlagensicherung bzw. einem möglichen darüberhinausgehenden Institutsschutz, erlaubt.

Selbstverständlich werden wir – und ich denke, ich kann für alle Fraktionen des Stadtrats sprechen – unsere volle Unterstützung leisten, das angelegte Geld „nachhause“ zu holen. Wir werden aber auch die umfassende und vollständige Aufklärung einfordern. Ich möchte wissen, wie es zu einzelnen Entscheidungen kam, welches individuelle oder auch kollektive Fehlverhalten vorliegt und ob und wie die Dienstaufsicht versagt hat. Dies gilt unabhängig davon, ob es gelingt, die Einlage in Höhe von 2 Mio. € oder zumindest Teile davon zurück zu bekommen.

Es wurden offensichtlich vom Stadtrat bzw. dem Finanzausschuss beschlossen Regelungen nicht eingehalten, Beurteilungen und Bewertungen aufgrund unzureichender Information vorgenommen, Befugnisse überschritten und die Dienstaufsicht nicht ausreichend ausgeübt. Um derartige Fehler in der Zukunft zu vermeiden und Schaden von der Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern abzuwenden, fordere ich schnellstmögliche Umsetzung der folgenden Maßnahmen:

  1. Die sofortige Einleitung einer unabhängigen Untersuchung unter Federführung des Rechnungsprüfungsausschusses (unter Mitwirkung des kommunalen Prüfungsverbandes), wobei ich davon ausgehe, dass dies bereits in die Wege geleitet wurde.
  2. Die jeweils aktuelle, zeitnahe und unabhängige Information über den Stand der Untersuchung an den Stadtrat sowie die Öffentlichkeit durch die Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses.
  3. Die Prüfung und Durchführung von Maßnahmen, die dienst- und disziplinarrechtlich geboten scheinen unter Mitwirkung der Kommunalaufsicht.
  4. Die sofortige Außerkraftsetzung der „Richtlinie für Geldanlagen der Stadt Puchheim (Anlagerichtlinie)“.
  5. Die Änderung der Geschäftsordnung des Stadtrats im Hinblick auf eine grundsätzliche Zustimmungspflicht des Finanzausschuss bei Geldanlagen – und ich sage hier ausdrücklich auch Wiederanlagen und Verlängerungen – bei gleichzeitiger Einräumung eines vertretbaren Handlungsspielraums des Bürgermeisters.
  6. Die sofortige und dauerhafte Veröffentlichung sämtlicher Finanzanlagen der Stadt Puchheim unter Nennung des Schuldners, der Laufzeit und des Zinssatzes, um in der Öffentlichkeit ein Zeichen von Einsicht und Transparenz zu setzen.

Zusammengefasst muss es nun unsere gemeinsame Anstrengung sein, den Schaden möglichst klein zu halten, aufzuklären, was genau passiert ist und Verantwortlichkeiten klar zu benennen. Das Vertrauen unserer Bürgerinnen und Bürger ist sicherlich geschädigt und kann aus meiner Sicht nur durch offene und transparente Kommunikation wiedergewonnen werden. Und Schließlich liegt es in unser aller Interesse für die Zukunft prozesssicherer zu werden, um derartige Fehlentwicklungen zu vermeiden.


10. März 2021

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